16. August 2009

Was ist ein Cartoon, eine Karikatur?...

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Dann und wann taucht auch in meiner Umgebung die Frage auf, was denn der Unterschied zwischen "Comic" und "Cartoon" sei. "Du zeichnest doch Comics, oder?" - "Ja schon, wobei eigentlich eher Cartoons" - "Aha, gibt's da einen Unterschied?" - "Ja, gibt's..."

Es gibt natürlich auch zu diesem Thema ganze Bücher und wissenschaftliche Abhandlungen, Zeichnerkollegen machten sich dazu auch schon viele Gedanken, ich erfinde die Welt hier also nicht neu. Ich ordne sie nur für mich und andere, die nur knappe Erklärungen mögen:

Der Cartoon










































Ist auf meist ein Bild reduzierter Witz. Oft begleitet ein kurzer Text das Bild. Nimmt meist Allgemein-Menschliches aufs Korn. Die Stile sind sehr verschieden: Vom einfachsten Strich (Pfuschi) bis hin zu aufwändigen Malereien (Pfarr, Glück) findet sich alles. Persönlich mag ich wie viele andere Larsons oder Perscheids abstruser Humor. Wichtig: Ein Cartoon muss nicht immer lustig sein. Ein Cartoon ist eine in sich abgeschlossene Bildgeschichte. Oben der vielleicht minimalste Cartoon der Welt - ich wollte, ich hätte ihn erfunden (ein früherer Kollege - Tin Hägler - hat)…


Der Comic

    Nach meiner Definition ist ein Comic eine mit Bildern gezeichnete Geschichte, mit einem Anfang und einem Ende. Der Comic erlebt also in der Regel einen Spannungsaufbau, -höhepunkt, erlebt die Entwicklung einer Story, in der verschiedene Figuren miteinander in Verbindung treten. Wir kennen all die Mickeys, Donalds und Lucky Lukes. Ehrlich gesagt, ausser diesen Klassikern und Asterix haben mich Comics nie richtig fasziniert. Immerhin: Lorenzo Mattotis Kreidezeichnungen sind eine Augenweide, Enki Bilals dunkle Geschichten haben unglaublich Stimmung. Oben eine Seite von "Susi und Bob", die ich kürzlich für die Zeitschrift "KinderMAX" angefertigt hatte.











    Die Kürzestversion eines Comic ist der so genannte Comic-Strip. Wer kennt nicht die Garfields, Snoopys oder Wurzels, wobei ich letzteren nie witzig fand. Beliebt als Füller und Unterhalter in Zeitungen. Ein Schweizer Spezialist ist René Lehner mit Serien wie "Bill Body" oder "Freudendorf", die er im Abonnement an Zeitschriften verkauft. Hier ein Beispiel aus meiner bescheidenen Sammlung.



    Die Karikatur


























    Von mir aus gesehen die schwierigste Disziplin des Humorzeichnens: Nicht das Allgemein-Menschliche, sondern eine einzelne, spezifische, erkennbare Einzelperson will auf übertriebene Weise dargestellt sein, indem ihre Gesichtszüge und typischen Accessoires hervorgehoben oder verzerrt (ital. caricare = übertreiben) dargestellt werden. Wer die feinen Unterschiede von 5 Milliarden Erdenbewohnern beherrschen will, muss vorab Porträts zeichnen können und mit der menschlichen Anatomie bestens vertraut sein. Karikaturen ab Fotos ist das eine: Der Zeichner hat eine statische Vorlage und kann sich Zeit nehmen. Ein Meister dieses Fachs ist der Deutsche Sebastian Krüger - kaum zu übertreffen. Der momentane Schweizer Spezialist darin ist vielleicht der Thuner Michael Streun. Auch ich habe darin so meine Übung, bezeichne mich aber keineswegs als den grossen Könner. Mein Verzerrungsfaktor ist gering, meist halte ich mich eng am Porträt. Aber durch den übertrieben kleinen Körper und die anekdotischen, biografischen Ergänzungen erhält das Bild dann meist noch die Dimension einer Karikatur.
    Aber Live-Karikaturen? Tue ich mir nur selten an. Wobei genau diese Herausforderung spannend ist. Kürzlich wurde ich angefragt, an einer Hochzeit 52 Gäste live vor Ort zu karikieren. Ich schätzte, dass es reichen könnte, wenn ich während 6 Stunden 10 pro Stunde (6 Min pro Stück) schaffe. Ich hatte dann nur 4 Std 30 Min netto Zeit, brauchte rund 10' pro Stück und schaffte darum"nur" 24 Karikaturen. Kann besser werden, aber den Gästen hat's glaub ich gefallen, an einer Wäscheleine einen Kopf um den anderen "wachsen" zu sehen. Entscheidend ist, das Wesentliche schnell auf den Punkt zu bringen. Das Zeichenmaterial im Griff zu haben: Fettstift oder Tintenpinsel? Aber bereits bei den Augen kann man sich verhauen. Dann ist das Licht schlecht, die Person bewegt sich ständig, oder sie kommuniziert lebhaft - all das muss man beim Live-Zeichnen im Griff haben. Hierfür brauchts sehr viel Training, bis man es zur Meisterschaft gebracht hat. Vielleicht kein Meister, aber sehr gut in seinem Fach und ruhig weiter zu empfehlen, ist mein Berner Zeichner-Kollege, der unverwechselbare, einzigartige "Crazy" David Levine. Er tritt übrigens auch im Duo an. 



    Die Illustration 


    Ist natürlich ein weiter Begriff und ich mag auch gar nicht in all die Gebiete vordringen, die die Illustration betrifft. Wichtig ist mir einzig, dass es viele humoristische Zeichnungen gibt, die nicht als eigenständiger Cartoon wirken. Es fehlt die In-sich-Abgeschlossenheit mit Pointe. Die Illustration begleitet, erhellt oder hebt hervor (lat. illustrare = erhellen). Aber sie braucht den Text oder Kontext eines Artikels oder einer Umgebung, um ihre volle Wirkung zu entfalten. Viele meiner Aufträge sind eigentlich Illustrationsaufträge. Kleines aktuelles Beispiel aus der Zeitschrift eines Sportverbandes, wo es um die Illustration einer Kolumne ging. Irgendwie zwar lustig, aber ohne Text versteht's keiner so richtig...

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